Beginnend in Konstanz, der heimlichen Hauptstadt des Bodensees, und sogleich die deutsche Grenze überschreitend, führt der Radweg am schweizerischen Ufer des Untersees entlang, mit Blick auf die Klosterinsel Reichenau und den Hegau, vorbei an der ehemaligen Künstlerkolonie Gottlieben zum Schloss Arenenberg, wo Napoleons Stieftochter mit ihren literarischen Salons namhafte Autoren von Byron bis Dumas anlockte. Die Route endet im mittelalterlich-pittoresken Stein am Rhein und zeigt den Untersee als eine Landschaft des Transits, des Durchgangs. Denn anders als das deutsche Ufer war das schweizerische nicht nur Ziel der Stadtflüchtlinge und der Bohème um 1900, sondern für Schriftsteller und Publizisten seit dem Vormärz und der Revolution von 1848 auch ein Schutzraum vor Verfolgung und Repression; ein Schutzraum, der sich im Ersten Weltkrieg und während des Dritten Reiches erneut bewähren musste.
Directions
1 KONSTANZ
Zweimal überschritt JOHANN WOLFGANG GOETHE (1749–1832) die Grenze zwischen dem damals noch österreichischen Konstanz und dem schweizerischen Kreuzlingen: Im Dezember 1779 reiste er mit seinem Weimarer Herzog Karl August zum Rheinfall und im Juni 1788, auf dem Rückweg von seiner zweijährigen Flucht aus Weimar, sprich: von seiner Italienreise, traf er sich hier mit seiner Zürcher Freundin Barbara Schulthess, in deren Nachlass sich später die verloren geglaubte Urfassung des Bildungsromans ›Wilhelm Meisters Lehrjahre‹ finden sollte. Beide Male übernachtete er im GASTHOF ADLER, den im Dezember 1816 auch die aus Paris vertriebene HORTENSE DE BEAUHARNAIS (1783–1837), die Stieftochter Napoleons I., aufsuchte. Sie klagte über fehlenden Komfort: Es gab weder ein Klavier noch französische Zeitungen, und die Öfen verursachten Kopfschmerzen. Der Anblick der »düsteren Häuser, die Einsamkeit der verlassenen Strassen, die Stille, die überall herrschte, ließ« ihr »die Stadt als ein Winkel am Ende der Welt erscheinen«. Mit ihrer Ankunft aber begann das kulturelle Leben in der Stadt aufzublühen. Lesegesellschaften wurden gegründet, so das auch die damals am anderen Bodenseeufer, in Meersburg, bei ihrer Schwester zu Besuch weilende ANNETTE VON DROSTE-HÜLSHOFF (1797–1848) benutzte. Ihrem Freund Levin Schücking, der sich gerade um die Veröffentlichung ihrer Erzählung ›Die Judenbuche‹ in Cottas ›Morgenblatt‹ gekümmert hatte, schrieb sie: »Ich gehe jetzt täglich ins Museum, setze mich auf Deinen Stuhl am Fenster und sehe, was das Morgenblatt bringt.« Zudem las EDUARD MÖRIKE (1804–1875) hier 1851 regelmäßig den ›Schwäbischen Merkur‹. Das 1834 gegründete Bürgermuseum war eine liberale Lesegesellschaft für die »unabhängigen und freisinnigen Bürger«, in der auch die im Verlag BELLE-VUE erscheinende ›Deutsche Volkshalle‹ auslag.
2 KREUZLINGEN
Gedruckt wurde dieses vormärzliche Oppositionsblatt in der benachbarten Schweiz. In Sichtweite der Grenzstation errichtete der Heraus-
geber IGNAZ VANOTTI (1798–1870) 1842 die VILLA BELLE-VUE, in der Verlag und Druckerei untergebracht wurden. GEORG HERWEGH (1817–1875), der radikale Demokrat und Vormärzdichter, betonte in der Erstausgabe der ›Volkshalle‹, dass es unmöglich sei, »das eigenste Wesen der Deutschen zu verstehen, ohne seine Literatur, ohne seine Poesie«. Da diese aber damals der Zensur unterlagen, konnten sie ohne Schweizer Hilfe nicht zur Sprache kommen. Für ein freies Wort ließ auch CARL SPINDLER (1796–1855) , der Mitte des 19. Jahrhunderts zu den populärsten Unterhaltungsschriftstellern zählte, die Protagonisten seiner Konstanzer Familienchronik ›Die Schwertbergers‹ über die Grenze ins benachbarte Kreuzlingen ziehen. Lange blieb das schweizerische Ufer des Untersees ein Sammlungsort für Literaten: zunächst wegen der republikanischen Haltung der Schweizer und ihrer Gastfreundschaft, am Ende des 19. Jahrhunderts eher wegen der Landschaft. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges suchten Pazifisten und Kriegsgegner hier Zuflucht. Der Psychiater LUDWIG BINSWANGER (1881–1966) bot in seinem Sanatorium, das seit 1857 im ehemaligen Belle-Vue-Verlagsgebäude untergebracht war, bedürftigen Literaten Hilfe an: LEONHARD FRANK (1882–1961) erhielt ebenso einen Freiplatz wie RENÉ SCHICKELE (1883–1940) und FERDINAND HARDEKOPF (1876–1954), die sich alle später am thurgauischen Seeufer niederließen.
3 GOTTLIEBEN
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entdeckten die schwäbischen Romantiker das Seeufer. GUSTAV SCHWAB (1792–1850) schrieb hier 1827 eine Ballade über eine Gottlieber Sturmnacht im Jahr 169 , in der nach der Überlieferung drei Häuser zerstört wurden: In ›Des Fischers Haus‹ glaubt der Mensch, »der Herrscher im See« zu sein. Doch die Natur bestraft seine Hybris, die Fische untergraben das Ufer und »das Haus, das gewaltige, kracht, / versinkt in der Wogen Gewühle«. Eduard Mörike, wie Schwab der Schwäbischen Dichterschule zugehörig, wanderte 1851 von Egelshofen herüber, um im SCHLOSS Gottlieben »Hussens scheußliches Gefängnis« anzuschauen. Über den während des Konzils in Konstanz als Ketzer verbrannten und zuvor in Gottlieben inhaftierten böhmischen Reformator JAN HUS (ca . 1370–1415) verfasste CONRAD FERDINAND MEYER (1825 –1898) das Gedicht ›Hussens Kerker‹ (1865), in dem der Untersee zu einem Zeichen der Hoffnung wird: »Das Fensterkreuz von Eisen / Blickt auf die frische Flut, / Und zwischen seinen Stäben / Seh ich ein Segel schweben.«
1902 heiratete EMANUEL VON BODMAN (1874–1946), der neoklassizistische Dramatiker und von Hesse und Rilke geschätzte Lyriker, die Tochter des Gottlieber Schlossbesitzers Blanche de Fabrice. Das Paar zog in die heutige VILLA FRIEDENAU, und Bodman wurde zum Mittelpunkt einer seit einem guten Jahrzehnt bestehenden Kolonie von Schriftstellern und Malern, die sich im HAUS HECHT traf. 1909 verlor Bodman seine Frau an Wilhelm Schäfer, den Herausgeber der Zeitschrift ›Die Rheinlande‹, in der der Bodman-Kreis publizierte. Die Künstlerkolonie löste sich auf. Bodman indes kehrte 1920 in das dann nach ihm benannte BODMAN-HAUS zurück, das heute eine Ausstellung über ihn präsentiert und mit Lesungen die regionale Literatur fördert.
4 ERMATINGEN
Im GASTHOF ADLER und im oberhalb von Ermatingen gelegenen SCHLOSS WOLFSBERG stiegen jene Gäste ab, die der Stieftochter Napoleons I. im nahegelegenen Schloss Arenenberg ihre Aufwartung machen wollten. LORD BYRON (1788–1824) allerdings hielt sich nicht an die Etikette, zunächst in Konstanz auf eine Einladung zu warten, und musste so mehrere Wochen hier ausharren. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges war der Ort zum bedeutendsten Kurort am Untersee geworden. Als der Dadaist und Gründer des Züricher ›Club Voltaire‹ HUGO BALL (1886–1927) im Kriegsjahr 1916 für zwei Wochen hier im ›Adler‹ den Pazifisten Leonhard Frank besuchte, der in Berlin einen kriegsbegeisterten Journalisten geohrfeigt hatte, war das Dorf bereits ein Sammlungsort der Kriegsgegner. Frank begegnete hier auch René Schickele, der in Salenstein auf der Hinterburg, seine antimilitaristischen ›Weißen Blätter‹ redigierte und den er zuvor in Binswangers ›Schloss Neurose‹ vermittelt hatte. So nannte der Expressionist Ferdinand Hardekopf, ebenfalls Patient bei Binswanger und Gast in Ermatingen, die Klinik Belle-Vue. Den ›Adler‹ führte fünf Jahrzehnte lang Maria Heer, die Schwester des Schweizer Heimatschriftstellers JAKOB CHRISTOPH HEER (1859–1925) , der seine Tätigkeit als Redakteur der Stuttgarter ›Gartenlaube‹ aufgegeben hatte und ins Elternhaus zurückgekehrt war. In seinem Büchlein ›Freiluft‹ hat er die Stimmung am Bodensee vor dem Ersten Weltkrieg festgehalten. Aufnahme bei der befreundeten Familie Heer fand später ALFRED NEUMANN (1895–1952), der 1933 in die Schweiz emigriert war und 1944 den ersten Roman über die Widerstandsgruppe ›Die weiße Rose‹ veröffentlichte: ›Es waren ihrer sechs‹. Ein anderer deutscher Emigrant, der Nobelpreisträger THOMAS MANN (1875–1955), kam zweimal mit dem Auto aus Küsnacht bei Zürich in den ›Adler‹, um Neumann aus dem Manuskript seines großen Romans ›Joseph und seine Brüder‹ vorzulesen: »in einem Stuhl sitzend«, so Mann, »den Richard Wagner zur Zeit des 1. Tristan-Aktes viel benutzt« hatte.
5 FRUTHWILEN (SCHLOSS HUB)
»Ich warf nur einen Blick aus einem der noch teils mit Butzenscheiben versehenen Fenster und mietete gleich auf 10 Jahre. Denn solch unverbaute Augenweide gab es kaum zum zweiten Mal.« Der von der Landschaft derart Begeisterte war HANS LEIP (1893–1983), Autor von ›Lili Marleen‹, der Internationalen der Kriegsmüden. Leip, der zunächst auf der Höri gewohnt hatte, wo er später auch begraben wurde (Literarischer Radweg 04), verfasste hier eine Geschichte der Freibeuterei (›Bordbuch des Satans‹) und die Roman-Biografie über Albert Ballin, den jüdischen Generaldirektor der HAPAG (›Des Kaisers Reeder‹). Als sich »die ländlichen Düft [ ... ] in Abgase und Lärm der Technik und in die Giftschwaden der Insektizid-Spritzungen« verwandelten, baute das Paar ein eigenes Haus unweit des Hofguts, nur 300 Meter entfernt, auf der HUBHALDE.
6 SALENSTEIN
Den Hof (ARENENBERGSTRASSE 17) in Sichtweite des Arenenberger Schlosses musste der hier geborene Schweizer Schriftsteller PAUL ILG (1875–1957) nach dem Tod der Großeltern verlassen: Der 9-Jährige kam als Verdingbub ins Appenzell. In seinem Roman ›Das Menschlein Matthias‹ (1913), Teil einer auch in Deutschland erfolgreichen Tetralogie, hat Ilg seine Kindheit am Untersee verarbeitet. Dass der 1914 aus Berlin Zurückgekehrte mitten im Ersten Weltkrieg in ›Der starke Mann‹ einen Schweizer Offizier mit autoritär preußischen Zügen versah, nahm man ihm beiderseits der Grenze übel. Ernst Lubitsch konnte Ilgs ersten großen Erfolg 1925 nicht verfilmen, da ein pazifi stischer Film nach Ansicht der UFA nicht vermarktbar war.
7 SCHLOSS ARENENBERG
»Wenn schon Exil«, schrieb der auf der anderen Seite des Bodensees, in Salem, erzogene und 1933 emigrierte GOLO MANN (1909–1994), Schriftsteller und Sohn Thomas Manns, »dann würde ich mir Arenenberg als Exil gefallen lassen«. Nach ihrer Flucht aus Paris erwarb Hortense de Beauharnais 1817 dieses Schloss, pflegte hier die Erinnerung an den Stiefvater Napoleon I. und empfing neben Lord Byron u. a. die Dichter FRANÇOIS RENÉ DE CHATEAUBRIAND (1768–1848) und ALEXANDRE DUMAS (1802–1870) zu ihren literarischen Salons nach Pariser Art, die später die bürgerlichen Salons der Region prägen sollten. Den Lebensweg von Hortenses Sohn, des im Schloss aufgewachsenen späteren französischen Kaisers Napoleon III., hat Alfred Neumann von Ermatingen aus recherchiert und dann in einer Romantrilogie (1934–49) gestaltet.
8 BERLINGEN
ADOLF DIETRICH (1877–1957) hat den Untersee nur ungern verlassen. Schon die Eisenbahnfahrt zu seinem Bruder nach Ludwigshafen war ihm ein Gräuel. Dabei reisten seine Bilder schließlich bis nach New York und machten ihn neben Dix zum bekanntesten Maler der Region. Dass er auch Gedichte schrieb, ist wenig bekannt. BEAT BRECHBÜHL (*1939), den als Jugendlicher ein Nachruf auf Dietrich nachhaltig beeindruckt hatte, brach Ende der 1990er Jahre zu einer fiktiven ›Fußreise mit Adolf Dietrich‹ über den Thurgauer Seerücken auf, die er 1999 als einfühlsame Hommage an den Maler und Poeten veröffentlichte.
9 STECKBORN
Adolf Dietrich bildete eine Ausnahme unter den Künstlern am Untersee. Wer hier geboren wurde, den trieb es in die Welt: ob Paul Ilg als Verdingbub oder OTTO FREI (1924–1990) (MORGENSTRASSE 14) als bildungshungrigen Schüler. Frei debütierte 1973 mit seinen Kindheitserinnerungen ›Jugend am Ufer‹, als 1. Teil des Steckborner Zyklus. In einem lapidaren Stil erzählt er von der national sozialistischen Bedrohung, wirft aber vor allem einen kritischen Blick auf den Alltag am Untersee. Wo es Frei zu eng war, sah die 1927 nach Steckborn zugezogene MARIA DUTLI-RUTISHAUSER (1903–1995) (SEESTRASSE 45) ihre Heimat und stellte daher in den 30er Jahren ihr literarisches Werk in den Dienst der »geistigen Landesverteidigung«, was ihrem Schweizer Heimatroman ›Der Hüter des Vaterlandes‹ hohe Auflagen bescherte.
Hermann Hesse, der die Grenze durch den Untersee »niemals als natürliche« empfand, ruderte nicht selten von Gaienhofen (Literarischer Radweg 04) aus nach Steckborn zum Einkaufen. Den Zolltarif kannte er auswendig, zog aber »wo möglich das Schmuggeln vor«.
10 SCHLOSS GLARISEGG
Für FRIEDRICH GLAUSER (1896–1938), der mit seinen ›Wachtmeister Studer‹-Romanen nicht nur Krimiliebhaber beeindruckt hat, endete der Aufenthalt in dem 1902 im Schloss gegründeten reformpädagogischen Landerziehungsheim im Desaster: Er musste die Schule nach Drogenkonsum und Selbstmordversuch 1913 verlassen. Einer der ersten Schüler von Glarisegg, HANS GANZ (1890–1957), veröffentlichte zwei Jahre später den Roman ›Peter das Kind‹ über einen jungen Selbstmörder, dem der Fall Glauser zum Vorbild gedient haben könnte. Den Versuch, hier ein naturnahes Leben zu führen, hatte im 18. Jahrhundert bereits der Rousseau-Anhänger CHRISTOPH KAUFMANN (1753–1795) gewagt, der zuvor auch zweimal in die Literaturgeschichte eingriff: 1775 regte er Friedrich Maximilian Klinger an, sein Drama ›Wirrwarr‹ in ›Sturm und Drang‹ umzubenennen und wurde so zum Namensgeber einer ganzen Epoche. Im Januar 1778 schickte Kaufmann Jakob Michael Reinhold Lenz zu Oberlin ins Elsaß, was Georg Büchner ein halbes Jahrhundert später zu der Erzählung ›Lenz‹ anregte. 1779 wollte sich der selbsternannte »Gottes Spürhund nach wahren Menschen« dann nach Glarisegg zurückziehen, denn die Anerkennung unter den jungen Autoren hatte sich ins Gegenteil verkehrt, da Lavaters physiognomisch begründeter Charakterisierung Kaufmanns als »Genie« keine Taten folgten. Doch auch das landwirtschaftliche Projekt scheiterte noch vor Beginn, und Goethe soll ihm einen Vierzeiler ans Glarisegger Schlosstor geheftet haben mit den Worten: »Als Gottes Spürhund hat er frei / Manch Schelmenstück getrieben, / Die Gottesspur ist nun vorbei, / Der Hund ist ihm geblieben.«
Abzweig SCHLOSS LIEBENFELS
Die Flucht in die Schweiz rettete den Gießener Burschenschaftler ADOLF LUDWIG FOLLEN (1794–1855) vor zehn Jahren Festungshaft. Der Wortführer des demokratisch-nationalen ›Germanenbundes der Schwarzen‹ war Autor von Turnerliedern und Herausgeber des Liederbuches ›Freye Stimmen frischer Jugend‹ (1819). Im Exil beriet er Gottfried Keller bei der Herausgabe seiner politischen Gedichte und beteiligte sich an den Züricher Treffen der »Zensurflüchtlinge«, also jener deutscher Schriftsteller, die Metternichs politische Kontrolle der Literatur von Schweizer Seite aus umgingen. Sein Versuch, ab 1848 Schloss Liebenfels zu einem literarischen Zentrum zu machen, scheiterte. 1855 starb er verarmt im Haus seiner Tochter in Bern.
11 STEIN AM RHEIN
CAROLINE VON BEULWITZ (1763–1847), in die sich Friedrich Schiller verliebte, bevor sie seine Schwägerin wurde, schien der GASTHOF
SCHWANEN (CHARREGASS 5) abgelegen genug zu sein, um hier 1794 ihr uneheliches Kind zur Welt zu bringen. Schiller hat sich am Unterhalt des Jungen, der freilich nicht vom ihm stammte, beteiligt, indem er die Erträge aus Carolines Roman ›Agnes von Lilien‹ über einen Mittelsmann an die Pflegeeltern nach Stein am Rhein schicken ließ. Als Hans Leip 150 Jahre später nach dem wöchentlichen Essen im ›Schwanen‹ auf der Steiner Brücke stand und ins Wasser schauend über den Golfstrom und die Kultur des Abendlandes philosophierte, war der pittoreske Ort längst eine Touristenattraktion geworden. Die Folgen dieses Tourismus werden in dem Roman ›Im Roten Ochsen: Geschichte einer Heimkehr‹ (1977) ironisch gebrochen, den der nach Kanada ausgewanderte Germanist HERMANN BÖSCHENSTEIN (1900–1982) geschrieben hat, um seine Heimatstadt »auf die literarische Landkarte zu setzen«.
Abzweig SCHIFFSREISE ZUM RHEINFALL
»That was beautiful« schrieb begeistert der englische Skandalautor von ›Lady Chatterleys Liebhaber‹ D. H. LAWRENCE (1885–1930) mitten im Ersten Weltkrieg in sein Reisetagebuch. »Der Nebel hing immer noch über dem Wasser und den weiten flachen Ufern des Stromes und die Sonne, die durch den Morgen brach, setzte hübsche, gelbe Lichter in den bläulichen Dunst, so dass es aussah wie am Anfang der Welt. Oben in der Luft kämpfte ein Habicht mit zwei Krähen oder Raben. Dieses Gefecht am Himmel wirkte wie ein seltsames Gleichnis; die Deutschen an Deck beobachteten es mit Vergnügen [...]. Wir passierten wunderliche, alte romantische Dörfer, die ihre roten farbigen Dächer am Wasser spitzten, sehr still, abgeschlossen, in der Vergangenheit verloren.«
Rückfahrt nach Konstanz mit dem Zug oder von April bis Oktober mit dem Kurschiff der Untersee- und Rheinschiffahrt URh. Oder: die Tozr forstetzen mit Per Pedal zu Poesie 04. Per Pedal zur Poesie 04